Todesurteil im Kyoto-Animation-Brandprozess endgültig bestätigt

Mittwoch, den 29. Januar 2025 von – 4 Minuten Lesezeit
Todesurteil im Kyoto-Animation-Brandprozess endgültig bestätigt © Kyoto Animation

Die juristische Aufarbeitung des Brandanschlags auf das Studio 1 von Kyoto Animation im Juli 2019 erreicht mit dem Widerruf der Berufung durch den verurteilten Täter Shinji Aoba ihren Abschluss.

Wie das Osaka High Court bekanntgab, zog der 46-Jährige am 27. Januar 2025 seine Anfechtung gegen das im Januar 2024 verhängte Todesurteil zurück, wodurch die Strafe rechtskräftig wurde.

Der Entscheidung vorausgegangen war ein vierjähriger Prozess, der sich intensiv mit der Frage der strafrechtlichen Verantwortungsfähigkeit des Angeklagten auseinandersetzte.

Urteilsbegründung

Das Kyoto District Court verurteilte Aoba am 25. Januar 2024 nach 32 Verhandlungstagen zum Tode. Die Staatsanwaltschaft hatte bereits im Dezember 2023 die Höchststrafe gefordert, während die Verteidigung auf einen Freispruch oder Strafmilderung aufgrund vermeintlich eingeschränkter Zurechnungsfähigkeit plädierte.

Das Gericht wies diese Argumentation zurück und betonte, Aoba habe bei der Tat „die Tragweite seiner Handlungen klar erkannt“.

Forensische Gutachten und Zeugenaussagen belegten, dass der Angeklagte die Tat monatelang geplant hatte. So erwarb er 40 Liter Benzin, transportierte diese mit einem Rollwagen zum Studio und zündete das Gebäude gezielt während des Betriebs an.

Von den 70 anwesenden Mitarbeitern starben 36 Personen, 32 erlitten schwere Verletzungen. Ein Passant zog sich zudem Rauchgasvergiftungen zu.

Reaktionen der Opferfamilien

Angehörige der Opfer äußerten sich ambivalent zur Entscheidung. Der Vater eines getöteten Animators erklärte: „Sein Tod kann 36 Leben nicht wiedergutmachen. Doch vielleicht reflektiert sein Rückzug endlich Verantwortung.“

Eine Mutter betonte nüchtern: „Bei 36 Toten gibt es nur eine angemessene Strafe.“ Beide stimmten jedoch überein, dass Prävention künftiger Gewalttaten priorisiert werden müsse.

Kyoto Animation selbst hielt sich mit Stellungnahmen zurück. Rechtsvertreter der Firma verwiesen auf „laufende Verfahren und die Notwendigkeit des Respekts vor den Betroffenen“.

Der Wiederaufbau des Studios wurde 2020 abgeschlossen, die Personalrekrutierung bereits im Juli desselben Jahres fortgesetzt – ein Signal der Resilienz.

Medizinische und ethische Implikationen

Dr. Takahiro Ueda, der Aoba nach dem Brand medizinisch betreute, äußerte sich in einer 2023 ausgestrahlten Dokumentation zum Fall. Trotz der Schwere von Aobas Verbrennungen und langer Rehabilitationsphasen sah der Arzt Anzeichen von Reue: „In seinen Äußerungen schwang mit, dass er die Konsequenzen begriff.“

Ueda betonte jedoch, physische Genesung könne moralische Schuld nicht tilgen.

Der Fall löste in Japan Debatten über Sicherheitsstandards in Unternehmen und den Umgang mit psychisch auffälligen Straftätern aus. Kritiker monieren, dass Warnsignale wie Aobas wiederholte Drohbriefe an das Studio ignoriert worden seien.

Fazit – Justizielle Klarheit als Schritt zur Aufarbeitung

Mit der Rechtskraft des Urteils endet ein Kapitel, das Japans Justizsystem und Gesellschaft nachhaltig prägte. Wie Dr. Ueda anmerkte: „Reflexion muss über den Einzelfall hinausgehen – sonst bleiben Lehren ungenutzt.“

Die Opferfamilien fordern indes, dass Gedenken und Prävention Hand in Hand gehen, um ähnliche Tragödien zu verhindern.

Quellen: NHK News Web, Hachima Kikō, Gerichtsunterlagen des Kyoto District Court.